#060 Befreundet sein mit Mitarbeitern?

In dieser Podcastfolge geht es um die Vereinbarkeit von zwei Beziehungsverhältnissen: dem Verhältnis zwischen Führungskraft und Mitarbeiter*in und einer Freundschaft. Ist es überhaupt möglich ist, eng befreundet zu sein oder zu bleiben, wenn zwei Menschen im beruflichen Verhältnis auf unterschiedlichen Hierarchieebenen arbeiten? Das erfährst du in dieser Episode mit Arne und Gergely.

Das Transkript für diese Folge

Arne
In der heutigen Podcastfolge geht es um die Vereinbarkeit von zwei Beziehungsverhältnissen. Und zwar von dem Verhältnis Führungskraft - Mitarbeiter oder Mitarbeiterin.
Und einer Freundschaft.
Also ist es überhaupt möglich, eng befreundet zu sein, oder sogar eng befreundet zu bleiben, wenn zwei Menschen im beruflichen Verhältnis auf zwei unterschiedlichen Hierarchieebenen unterwegs sind?
Und es geht auch um den Punkt, was du beachten kannst, damit es euch gelingt, in beiden Verhältnissen eine gut funktionierende Verbindung zueinander aufzubauen oder beizubehalten.

Gergely
Schauen wir uns erst einmal die Freundschaft an.
Funktionierende Freundschaften sind meistens auf Augenhöhe. Das heißt, beide Personen haben gleich viel zu sagen.
Beide können z.B. Wünsche äußern, was sie in der gemeinsamen Zeit machen.
Beide können sagen, wie sie sich die gemeinsame Zeit zwischenmenschlich vorstellen.
Beide können äußern, was für sie in der gemeinsamen Zeit gut funktioniert, und was sie gerne anders hätten.
Aber keiner hat einen expliziten Anspruch darauf, dass die andere Person sich an die genannten Punkte hält.

Arne
Das, was die zwei Menschen in einer Freundschaft verbindet, ist eine gemeinsame Intention.
Die Intention kann z.B. sein, gemeinsam eine bestimmte Sportart auszuüben.
Oder gemeinsam bestimmte Gespräche miteinander zu führen.
Oder gemeinsam in den Urlaub zu fahren.

Gergely
So und wie ist das bei beruflichen Verhältnissen auf unterschiedlichen Hierarchieebenen?
Mal angenommen, du hast ein Unternehmen und einer deiner zehn Mitarbeiter ist dein bester Freund.
Was ist dann die Basis des Verhältnisses im Beruf zueinander?
In dem Fall habt ihr als Basis einen rechtsgültigen Vertrag, einen Arbeitsvertrag. Und dieser Vertrag regelt das Tauschgeschäft zwischen euch.
Und das Tauschgeschäft ist: Du gibst eine bestimmte Menge an Geld und erhältst im Gegenzug die Erledigung von bestimmten Aufgaben.
Also quasi Aufgabenerledigung versus Geld.

Arne
Natürlich kann man darüber hinaus zusätzlich eine zwischenmenschliche Beziehung aufbauen, aber die BASIS ist erstmal das reine Arbeitsverhältnis.
Und aus diesem Arbeitsverhältnis ergeben sich Rechte und Pflichten von beiden Seiten.
Also dein Mitarbeiter hat z.B. das Recht, dass du ihm das vereinbarte Gehalt zahlst. Und du hast die Pflicht, dieses zu zahlen.
Bei Freundschaften hast du dieses Recht nicht. Du kannst zwar bestimmte Sachen haben wollen, hast aber kein Rechtsmittel, um es auch durchzusetzen.

Gergely
Einige versuchen jetzt diese zwei Beziehungsarten miteinander zu vermischen – also im Sinne von “wir sind doch Freunde, daher kann ich ihn doch nicht anweisen, dass er eine bestimmte Aufgabe erledigt.”
Wenn du das tust, ergibt sich ein Missverhältnis in eurer Beziehung.
Denn wenn du denkst, oder auch wenn dein Mitarbeiter denkt, du dürftest als Führungskraft NICHT mehr klar sagen, welches Arbeitsergebnis du möchtest, bleibt ja weiterhin der rechtliche Anspruch auf das Gehalt.
Das heißt jetzt übrigens NICHT, du müsstest immer über Arbeitsanweisungen führen. Du kannst das Arbeitsgebiet auch mit deinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen besprechen.
Das heißt nur, wenn einer von euch beiden denkt, die eine Seite des rechtlichen Anspruch sei nicht mehr vorhanden, bleibt die andere Seite, also der Gehaltsanspruch, jedoch bestehen, kommt ein Ungleichgewicht rein.

Arne
Eine andere Art der Vermischung der zwei Beziehungsarten Freundschaft und Führungskraft-Mitarbeiter ist, zu sagen “Komm wir sind doch Freunde, das kannst du ja for free machen.”
Also wenn z.B. der befreundete Schreiner in deinem Geschäftsbüro vorbeikommt und mal eben die Innenausstattung macht. Umsonst. Oder zumindest die Arbeitszeit umsonst.
Auch dies hat die Konsequenz, dass die Beziehung im Ungleichgewicht ist. Und häufig ist es dann so, dass die Person, die die Aufgabe for free erledigt, einen impliziten Anspruch entwickelt in der Form von: “Ok, aber wenn ich dann brauche, dass du eine Arbeit für mich erledigst, dann machst du sie doch auch for free”.
Und implizit ist dieser Anspruch meist deswegen, weil die zwei betroffenen Menschen darüber nicht sprechen.

Gergely
Also zusammengefasst: eine Vermischung der zwei Beziehungsarten führt zu einem Ungleichgewicht und als Folge des Ungleichgewichtes häufig zu impliziten Erwartungen. Und diese impliziten Erwartungen können, vor allem in eurer Freundschaft, zwischen euch stehen.
Denn spätestens wenn die impliziten Erwartungen an die Oberfläche kommen, im Sinne von “ich hab doch damals auch für dich die Innenausstattung auf Freundschaftsbasis eingebaut”, sind sie ein wunderbarer Nährboden für Vorwürfe und Streit.

Arne
Die andere Alternative neben der Vermischung der Beziehungen ist die klare Trennung der Beziehungen. Trennung heißt: im Berufsalltag habt ihr bezüglich der Arbeitsaufgaben eine reine Führungskraft-Mitarbeiter Beziehung (was übrigens nicht heißt, dass ihr nicht freundschaftlich reden könnt).
Und in der Freundschaft, also allem, was nicht arbeitsbezogen ist, beruht das Verhältnis auf beiderseitiger Freiwilligkeit.

Gergely
Wenn du diese Trennung, die im Job UND in der Freundschaft eine Klarheit zwischen euch schafft, etablieren möchtest, wäre es wichtig, das klar anzusprechen.
Das kannst du z.B. folgendermaßen machen: “Wir sind schon lange befreundet und ich schätze unsere Freundschaft sehr und möchte sie auch in der aktuellen Form beibehalten. Gleichzeitig haben wir eine andere Rolle von Geschäftsführer und Mitarbeiter.
Und mir ist es wichtig, diese zwei Sachen voneinander zu trennen.”
Ich hatte bei mir den gleichen Fall, bei dem ein sehr guter Freund in meinem Team gearbeitet hat. Und ich hatte mit ihm eben diese Vereinbarung, dass wir im Job und privat unterschiedliche Beziehungsverhältnisse haben, und dass wir diese beide achten.

Arne
Jetzt ist von vielen Führungskräften die Frage: Dürfen die anderen Mitarbeiter wissen, dass wir befreundet sind?
Wenn du als Führungskraft authentisch sein möchtest, also so wie du denkst auch handeln möchtest, dann wäre es konsequent, diese Beziehung nicht zu verheimlichen.
Gleichzeitig wäre es wichtig für eine Gleichbehandlung im Team: also alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gleichwertig zu behandeln.

Gergely
Und das ist etwas, was ich mit meinem heutigen Wissen anders machen würde, als damals in der Führungsrolle. Denn bei beruflichen Dingen habe ich mich zwar an die gleichwertige Behandlung gehalten, wenn es aber um das firmeninterne Mittagessen ging, bin ich mit einigen deutlich öfter gegangen.
Und das schafft ein Ungleichgewicht, das im Team zu Vorbehalten oder irgendwann auch unausgesprochenen Konflikten führen kann.
Also zusammengefasst: Du kannst im Team SAGEN, dass ihr zwei miteinander befreundet seid, oder euch auch privat trefft.
Und günstig wäre es währenddessen, wenn du alle im Team im Job gleichwertig behandelst. Also nicht gleich im Sinne von jeder bekommt das gleiche und muss das gleiche machen – sondern gleichwertig, also mit gleichen Chancen und du entscheidest entsprechend der Leistung.

Arne
Der zweite Punkt, den du beachten kannst, ist: Wie machst du es mit der Aufgabenverteilung oder mit Beförderung?
Also wenn du die Person, mit der du befreundet bist, bevorzugst, dann wird das Auswirkungen auf die Beziehung zwischen dir und den anderen Mitarbeitern haben. Und es kann auch zur Konsequenz haben, dass dein Freund im Team eher ein Außenseiter wird.
Wenn du die Person, mit der du befreundet bist, benachteiligst, dann kann es sein, dass sie entweder irgendwann nicht mehr bei dir arbeiten will ODER nicht mehr mit dir befreundet sein will.

Gergely
Wenn du diese beiden genannten Konsequenzen im Team NICHT haben möchtest, dann müssten deine Beförderungsentscheidungen und die wichtigen Aufgabenverteilungsentscheidungen transparent und für alle nachvollziehbar sein. Und dein Kriterium müsste die Arbeitsleistung und nicht Freundschaft sein.
Und um Transparenz und Nachvollziehbarkeit zu erreichen, dafür müsstest du diese Entscheidungen auch z.B. im Gruppenmeeting klar kommunizieren.

Arne
Wir haben auch heute eine Inspirationsaufgabe für dich:
Und die Inspirationsaufgabe ist, überlege dir, ob du mit Mitarbeitern – und wenn ja – mit welchen deiner Mitarbeiter du befreundet bist. Und ob ihr Klarheit darüber habt, wie ihr im Job dann euer Beziehungsverhältnis gestaltert und auslebt?
Und wenn ihr keine Klarheit darüber habt, dann kannst du die nächsten 7 Tage nutzen und dir darüber Klarheit verschaffen.

Gergely
Und die zweite Inspirationsaufgabe ist: Du kannst dir überlegen:
Behandelst du alle deine Mitarbeiter gleichwertig?
Also haben alle leistungsbezogen die gleichen Chancen?
Erkennst du bei allen gleichwertig Arbeitserfolge an?
Sprichst du bei allen gleichwertig offen an, wenn etwas für dich NICHT funktioniert? Oder traust du dich bei einigen mehr und bei anderen weniger?
Wenn du bei dir im Team eine Konfliktlösungskultur etablieren möchtest, dann ist es günstig, wenn du alle gleichwertig behandelst, bzw. deine Entscheidungen offen ansprichst und dich an deine Aussagen hältst.

Arne
An dieser Stelle: Falls du unser CHALLENGE-Programm schon kennst, dann bedanken wir uns bei dir fürs Zuhören.
Falls du es noch nicht kennst und wenn du jetzt nicht weißt, WIE du konkret diese Punkte adressieren kannst, also WIE du z.B. auf deinen Freund zugehen kannst und eine gemeinsame Basis sowohl für euer freundschaftliches als auch berufliches Verhältnis finden kannst.
Oder wenn du nicht weißt, WIE du im Team ansprechen sollst, warum du die neue Projektleiterstelle genau deinem Freund gibst.
Oder du nicht weißt, WIE du bei bestimmten Menschen oder Menschentypen Kritisches ansprechen kannst – dann haben wir eine Lösungsmöglichkeit für dich.
Genau dafür haben wir das CHALLENGE-Programm entwickelt. Du kannst in regelmäßigen Online-Sessions für dich schwierige Gespräche üben, also du kannst deinen individuellen Gesprächsfall in einer Gruppe mit anderen Führungskräften trainieren. Und du erhältst Feedback von Gergely oder mir dazu – was und wie du das Gespräch für dich optimieren kannst, sodass du optimal auf das echte Gespräch vorbereitet bist.
Das CHALLENGE-Programm kannst du als monatlich kündbares Abo abschließen. Schau dazu gerne auf unserer Webseite vorbei.
Wir wünschen dir eine friedvolle Woche, in der du Ungeklärtes klären kannst. Bis zum nächsten Mal.

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