#022 Pragmatismus vs. Prozesskonformität

In dieser Folge des Leadership21-Podcasts geht es um das Thema Pragmatismus und wie Führungskräfte damit umgehen können, wenn ihre Mitarbeiter*innen bei Entscheidungen eher zurückhaltend sind. Gergely und Arne sprechen beispielhaft über verschiedene Reaktionen von Führungskräften auf eine solche Situation und deren Konsequenzen für das Team. Hör gerne rein.

Das Transkript für diese Folge

Arne
Herzlich willkommen zum Leadership21-Podcast!

Gergely: Hi, Hallo zusammen.

Arne: Im letzten Podcast ging es um Werte, also was Werte sind, warum es wichtig ist, sich über die eigenen Werte bewusst zu sein und wie man Werte messbar machen kann, um darüber in Kommunikation zu sein. Heute geht es um ein konkretes Beispiel, das in der Führung von Menschen immer wieder auftaucht.

Gergely: Genau, und zwar geht es heute um das Beispiel Pragmatismus. Eine pragmatische Person zeichnet sich dadurch aus, dass sie bereit ist, unorthodoxe Wege zu gehen und sich über bestehende Konventionen hinwegzusetzen, wenn es dem effizienten Lösen einer Aufgabe dient. Zumindest sagt das Internet diese Definition so.

Gergely: Mal angenommen, Dir als Führungskraft ist ein pragmatisches Handeln wichtig, oder einige sagen auch sowas wie unternehmerisches Handeln ist wichtig. Und mal angenommen, es herrscht eine Einigkeit im Unternehmen, dass man sich darauf ausrichten will. Jeder nickt und es passt alles, das gleiche Bild. Jetzt stellst du jedoch fest, dass deine Mitarbeiter bei Entscheidungen eher zurückhaltend sind. Sie argumentieren zwar, dass es wichtig wäre, etwas zu machen, aber es ginge nicht, weil Prozess YZ dagegen spricht.

Da gibt es jetzt mehrere Möglichkeiten, wie du als Chef mit so einer Situation umgehen kannst. Einige Chefs werden, wenn sie das feststellen, sauer und sagen dann: Du hast doch gesagt, dass du pragmatisch und unternehmerisches Handeln willst und jetzt versteckst du dich hinter dem Prozess?

So, und jetzt ist die Frage: Was ist die Konsequenz davon, wenn du so agierst? Und eine mögliche Konsequenz ist, dass deine Mitarbeitenden dann eher in eine Verteidigungshaltung oder in eine Rechtfertigungshaltung gehen.

Und einige Chefs werden, wenn sie in so einer Situation sind – also dass sie wahrnehmen, irgendwie handeln bestimmte Mitarbeitende nicht so pragmatisch, wie sie es gerne hätten oder wie sie es meinen, dass sie es vereinbart haben – werden dann abwertend.

Und einige werden dann auch bei Dritten abwertend, also sagen Dinge zum eigenen Chef und sagen: Boah, Mitarbeiterin Martina und Mitarbeiter Michael, die haben es immer noch nicht verstanden und die machen das ja immer noch so. Und einige Chefs unterhalten sich auch mit anderen Mitarbeitern darüber, dass wieder andere Mitarbeiter irgendetwas blöd machen. Wenn du das so machst, dann ist die Konsequenz, dass sich deine Mitarbeitenden noch mehr zurückhalten. Und wenn Menschen merken, dass andere – vor allem der Chef – schlecht über sie reden, dann werden sie vorsichtig. Und es kann auch gut sein, dass sie wieder nach Rechtfertigungen suchen für die Richtigkeit des eigenen Handels.

Und das sind häufig Prozesse. Also dann ist die Konsequenz wieder, dass Leute sich auf die Prozesse berufen. Und all diese Reaktionen als Chef – das ist die sogenannte Opfer-Perspektive.
Also, das heißt, du denkst: Wer anders macht es falsch und du hast es aber gar nicht wirklich in der Hand. Und wenn wir uns in der Opfer-Perspektive sehen, dann schlagen wir gerne in irgendeiner Form zurück. Also da werden einige sauer oder abwertend oder ähnliches, das ist alles Zurückschlagen.

Es gibt aber auch eine andere Möglichkeit, damit umzugehen. Eine andere Möglichkeit ist, zu hinterfragen: Was könnte jemanden dazu veranlassen, sich über Konventionen hinweg zu setzen, um eine Aufgabe effizient zu lösen?
Also quasi pragmatisch zu sein. Das kann zum Beispiel sein, dass die Person das Produkt richtig cool findet und die dazugehörige Aufgabe gerne erledigt.
So und dann kannst du dich fragen: Sind meine Mitarbeitenden oder ich wirklich begeistert über das Produkt und lohnt es sich dafür pragmatisch zu handeln?

Oder es kann auch sein, wenn ich etwas Effizientes abseits von Konventionen mache, dass ich dafür Anerkennung bekomme. Und dann kannst du dich fragen: Erkennst du deine Mitarbeitenden dafür an, wenn sie sich nicht an Prozesse halten, sondern pragmatisch handeln? Weil das wäre dann der sich selbst verstärkende Effekt. Machst du das nicht, kann es sein, dass du diesen Effekt nicht verstärkst.

Und du kannst dich auch auf der anderen Seite fragen: Was könnte jemanden veranlassen, die Konventionen, also die Prozesse, höher zu werten als die effiziente Lösung der Aufgabe?
Und eine Möglichkeit ist, dass deine Mitarbeiter sich denken: Wenn ich von Konventionen oder Prozessen abweiche und damit einen Misserfolg habe, habe ich die Erfahrung gemacht, Ablehnung zu bekommen. In Form von: 'Wie konntest du nur? Dafür gibt es doch vorgegebene Prozesse, diese hast du nicht eingehalten.' Und mit diesem Vorgehen sorgst du als Chef in Zukunft dafür, dass sich die Leute dann an die Prozesse halten werden, weil sie die Befürchtung haben, wenn die eigenen Entscheidungen im Misserfolg münden, dann wird es in irgendeiner Form gegen sie verwendet.

Arne
Und du kannst mal bei dir schauen, wenn du dich darin wiedererkennst, wenn du auch solche Situationen hast, dann kannst du dir mal darüber Gedanken machen.

Und du kannst auch mal deine Mitarbeitenden offen darauf ansprechen. Wichtig ist halt, dass du dann nicht wertest oder sie dafür nicht abwertest, sondern interessiert nachfragst: Wieso hast du an dieser Stelle nicht gleich entschieden?
Und was befürchtest du, wenn du entscheidest und sich die Entscheidung als ungünstig herausstellt?
Oder gab es vielleicht mal eine vergleichbare Situation, in der ich nicht hinter dir stand?
So Sachen kannst du fragen.

Es gibt unterschiedliche Denkhaltungen. Pragmatismus und Prozesskonformität sind halt jetzt mal zwei wunderbare Beispiele dafür und keine davon ist per se richtig oder falsch, sondern du kannst je nach Standpunkt oder Denkhaltung jeweils unterschiedliche Ergebnisse erzielen und du kannst ja auch mal überlegen, was gerade in der aktuellen Phase in deinem Unternehmen am Zielführendsten ist und dich dann darauf ausrichten.

Und wenn dir die Themen in unserem Podcast gefallen und du dich als Führungskraft gerne weiterentwickeln möchtest, dann kannst du gerne ein Leadership21-Training bei uns buchen. Die Informationen dazu findest du in den Links in den Show-Notes und damit sind wir für heute raus.

Gergely
Vielen Dank und bis zum nächsten Mal.

Arne
Ciao, ciao!

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