Über die Kunst, sich selbst zu akzeptieren.

Wie würdest Du Dich fühlen, wenn Du wüsstest, dass Du richtig bist, genauso wie Du bist? – Achtung, Spoilerwarnung: Das bist Du schon längst! Im heutigen Interview rede ich mit Janis McDavid, Buchautor, Speaker und Unicef-Botschafter, über das Thema Selbstakzeptanz.

Janis McDavids bisheriger Weg hat ihn zu einem wahren Experten gemacht, wenn es um die Frage geht: Wie schaffe ich es, mich selbst so zu akzeptieren, wie ich bin? Aber nicht nur das – Janis ist außerdem ein echter Lebemann: Er liebt es, die Welt zu bereisen und schnelle Autos zu fahren, er geht wandern in den Anden und düst auf dem Hockenheim mit 200 km/h umher. Ach ja und eine Sache war da noch: Janis ist ohne Arme und Beine zur Welt gekommen.

 

Warum dieses besondere Merkmal keine große Sache sein sollte und wieso Andersartigkeit in Wahrheit normal ist, erklärt uns Janis, indem er uns mitnimmt auf seine inspirierende Reise zu mehr Selbstannahme und Eigenliebe. Dabei verpasst er uns gleich mehrere Denkanstöße für einen positiveren Umgang mit uns selbst und hat auch einige Tricks und sogar einen selbsternannten „Janis-Tipp“ für uns parat! Zeit, uns endlich selbst zu akzeptieren!

 

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Janis McDavid: Der Weg zur Selbstakzeptanz

 

Heute kennt Janis seinen Selbstwert. Es gelingt ihm so gut, sich selbst anzunehmen, dass er als Speaker andere Menschen dazu inspiriert, ihren eigenen Weg zu mehr Selbstakzeptanz einzuschlagen. Das war nicht immer so.

 

Als Janis McDavid 1991 in Hamburg zur Welt kam, hat er zunächst einige Jahre überhaupt nicht realisiert, dass er anders aussieht als andere Kinder: „Ich wusste natürlich, ich hab‘ einen knallgelben Rollstuhl und mit dem war ich im Kindergarten, aber für mich machte das keinen Unterschied […]. Ich hab‘ helle Haare, Du hast dunkle Haare. Der eine hat Sommersprossen, der andere nicht. Das war sozusagen das Level, auf dem sich auch mein Merkmal für mich in meiner Wahrnehmung bewegt hat.“ (Janis, 0:05:29)

 

Seine Eltern haben sich sehr darum bemüht, Janis so normal und unabhängig wie möglich aufwachsen zu lassen. Dieses Gefühl von Normalität verließ Janis schlagartig, als er im Alter von 8 Jahren mit einem Blick in den neuen Garderobenspiegel realisierte, dass er anders aussieht als andere. Janis beschreibt diesen prägenden Moment als ein „grässliches“ Erlebnis. Er schämte sich und fühlte sich plötzlich unwohl in genau dem Körper, in dem er die letzten 8 Jahre eine glückliche Kindheit hatte. Ein ungehaltenes Gefühlschaos machte für Janis eines immer klarer: So wollte er nicht sein.

 

Janis innerer Kampf

 

Was dann folgte war eine schwierige Phase, in der Janis vor allem damit beschäftigt war, gegen sich selbst anzukämpfen - ein Kampf, den Janis ganz allein ausgefochten hat: „Nach außen hat man von diesem Kampf gegen mich selbst nicht so viel gemerkt und das ist, glaube ich, auch das Fatale daran. Nach außen war ich immer noch der selbstbewusste, coole Janis […]. Aber im Inneren war es immer dieser Kampf, immer dieses Unwohlsein, wenn Menschen mich beobachten […], wenn Kinder mich fragen, warum ich denn keine Arme habe.“ (Janis, 0:07:48)

 

Im Kindes- und Jugendalter hat Janis daher viel Zeit damit verbracht, möglichst „normal“ zu sein. Dieser Wunsch spitzte sich zu, als Janis versuchte, mit Prothesen zu laufen, um sich hinter dem Anschein von Normalität zu verstecken. Heute weiß Janis: Das konnte nicht funktionieren.

 

„Ich habe versucht, ein inneres Problem mit einer Äußerlichkeit zu lösen […]. Hätte ich das Ziel gehabt, mit den Prothesen unabhängiger zu werden […], hätte es vielleicht funktioniert. Aber ich hatte ja nur das Ziel, mich zu verstecken. Und das ist natürlich die völlig falsche Herangehensweise, wie ich heute weiß“, reflektiert er sein damaliges Verhalten (Janis, 0:12:30).

 

"Das spielt sich alles nur in meinem Kopf ab!"

 

Nach ein paar für Janis ebenso schwierigen wie prägenden Jahren, in denen er versuchte, sich vor anderen und sich selbst zu verstecken, erkannte Janis mit 17, dass die Scham und die Angst vor Ablehnung bloßes Resultat seiner eigenen Gedankenwelt waren. Schmunzelnd erklärt er, es sei seine eigene „Wahnvorstellung“ gewesen, andere könnten dasselbe negative Bild von ihm haben, wie er selbst.

 

Diese intensive Auseinandersetzung mit sich war für Janis der Auslöser dafür, sich einer essenziellen Frage zu widmen: Warum lebe ich dieses Leben? „Geht es darum, dich selber fertig zu machen? Geht es darum, dich selbst zu kritisieren? Geht es darum, dich selbst hässlich zu finden? Oder geht es nicht eigentlich um etwas anderes?“ fragt Janis (0:09:08). Die Beantwortung dieser Frage stellt heute ein zentrales Ziel in seinem Leben dar.

 

TIPP: Allen, die selbst noch damit beschäftigt sind, herauszufinden, was sie mit ihrem Leben anstellen wollen, gibt Janis eine kleine Übung mit auf den Weg: Versetze Dich selbst mental ans Ende Deines Lebens und frage Dich: Worauf möchte ich zurückblicken?

 

Im Zuge seiner reflektierten Auseinandersetzung mit sich selbst traf Janis dann als Jugendlicher die wichtigste Entscheidung seines Lebens: Sich selbst zu akzeptieren, wie er ist, und zwar mit allem, was dazu gehört. Janis Ziel: Zu dem Mindset zurückkehren, das er als Kind hatte, als seine fehlenden Gliedmaßen für ihn ein ganz normales Merkmal waren, das er genauso hatte, wie seine blonden Haare.

 

Game Changer: Selbstakzeptanz durch neuen Fokus

 

Ein Auslöser für dieses neue Mindset war die Antwort von Janis‘ Mutter auf eine Frage, die Janis sich immer wieder stellte: Warum musste das ausgerechnet ihm passieren? Immernoch sichtlich begeistert von der damaligen Reaktion seiner Mutter gibt er die Worte wieder, die für ihn ein absoluter Game Changer waren:

 

„Janis, ich bin überzeugt davon, dass jedes Kind, bevor es geboren wird, sich selbst überlegt, mit welchem Baukasten […] und mit welcher Aufgabe es auf die Welt kommen möchte […]. Jetzt liegt es an Dir, herauszufinden, was Deine Aufgabe ist, denn ich glaube, dass Deine Aufgabe etwas damit zu tun hat, warum Du Dich gegen Arme und Beine entschieden hast.“ (Janis 0:13:29)

 

Ihre ebenso genialen wie gehaltvollen Worte hallen heute noch nach und haben vor allem eines bewirkt: Sie haben Janis aus seiner passiven Opferrolle herausgeholt und ihm einen neuen Fokus gegeben. So konnte er seine Energie umlenken, und zwar weg von der Frage „Warum ich?“ hin zu der Frage „Was ist meine Aufgabe?"

 

4 Tipps für mehr Selbstakzeptanz & Selbstliebe

 

Der Startschuss ist gefallen: Zeit, etwas zu verändern! Janis hat sich immer intensiver mit sich selbst beschäftigt und ein Prozess der Selbstannahme hat begonnen. Für Janis stand eines fest: Ich muss mich so akzeptieren, wie ich bin. Auf diesem Weg hat Janis verschiedene Praktiken angewandt, die ihm zu mehr Selbstannahme und einem gestärkten Selbstwert verholfen haben:

 

1. Bye Bye Konventionen: Eine vielleicht überraschende Praktik bestand für Janis darin, sich näher mit gesellschaftlich eingetrichterten, normalerweise unhinterfragten Glaubenssätzen zu befassen: „Ich halte es für höchst fragwürdig, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der ich zwar neun Jahre lang mich selbst heruntermachen und zerstören darf, aber nicht mal kurz stolz sein darf, wenn ich irgendetwas erreicht habe, wofür ich mich wirklich angestrengt habe. Das ist doch absurd, oder?“ fragt Janis (0:16:01). Guter Punkt, oder?

 

2. Why so negative?: „Wenn ich es selbst nicht schaffe, mir selbst mein bester Freund zu sein, mich selbst zu akzeptieren, […] wie sollen andere das dann schaffen?“ (Janis, 0:17:24) Auch ein guter Punkt! Um sich selbst ein guter Freund zu sein und überhaupt erst einmal der negativen Gedankenschleife zu entkommen, empfiehlt Janis, eine Liste anzufertigen mit all den Dingen, die im eigenen Leben positiv empfunden werden.

 

3. Eigenlob stinkt überhaupt nicht: Um zu sich selbst eine positive Beziehung aufzubauen, hat Janis noch einen Trick: Stell Dich vor einen Spiegel und überlege Dir, was Du an Dir selbst attraktiv findest. Du wirst schnell merken, dass es so Einiges gibt, das Du an Dir magst, und mit diesem Wissen lebt es sich gleich viel besser!

 

4. Reflexion ist das halbe Leben: Das A und O auf dem Weg zu einem positiven Umgang mit sich selbst, und by the way auch noch Janis‘ selbst ernannter „Janis-Tipp“, erklärt er lachend, ist besonders eines: Reflexion. Frei nach dem Motto „Mehr ist mehr“ versucht Janis stets nachträglich seinen Tag zu reflektieren, und zwar sowohl die Dinge, die ihm gut gelungen sind, als auch die Ausbaufähigen. Dies tut er mit viel Liebe zu sich selbst, die es ihm erlaubt, sein Verhalten möglichst objektiv zu betrachten: „Mein Selbstwert, den ich mir die letzten Jahre aufgebaut habe, hilft mir unheimlich, Kritik und Feedback anzunehmen, weil ich immer weiß: ok, das kritisiert an der Stelle nur das, was ich getan habe, nicht den, der ich bin. Ich bin das nicht. […]“ (Janis, 0:22:20).

 

 

In Bezug auf die Frage, wie es Janis heute gelingt, sich selbst und bestimmte Situationen in seinem Leben anzunehmen, steht für ihn schon mal eines fest: Es ist nicht möglich, immer gut gelaunt und von sich überzeugt zu sein. Es ist okay und menschlich, Momente des Selbstzweifels zu haben und gelegentlich kritisch mit sich selbst umzugehen. Diese Gefühle gehören zu uns und sind oft der Ursprung einer positiven Reise. Janis hat gelernt, dass auch schlechte Zeiten sehr wertvoll und lehrreich sein können: „Vieles von dem, was mir heute mit Leichtigkeit gelingt, würde mir nicht gelingen, wenn ich diese Phase nicht gehabt hätte.“ (Janis, 0:19:30)

 

Selbstannahme beginnt in der Kindheit

 

Wenn es darum geht, zu lernen, sich selbst zu akzeptieren, wie man ist, spielt natürlich auch die elterliche Erziehung eine Rolle. Für alle Eltern, die ihrem Kind auf diesem Weg eine positive Stütze sein wollen, hat Janis ebenfalls ein paar Tipps parat:

 

  • Unterstütze Dein Kind dabei, möglichst unabhängig zu sein, indem Du ihm oder ihr die Freiheit gibst, sich selbst auszuprobieren und Grenzen auszutesten. So hat es die Chance, selbst herausfinden zu können, was es gut kann... auch wenn das manchmal schief geht.
  • Speziell für Eltern mit Kindern, die besondere Merkmale, wie beispielsweise eine Behinderung haben: Gib Deinem Kind so sehr Du kannst das Gefühl, „normal“ zu sein. Hier kritisiert Janis vor allem die Tendenz vieler Eltern, die jeweilige Behinderung des Kindes zusammen mit dessen Namen vor anderen zu thematisieren: „Entweder man sieht’s oder es ist aber auch egal. Aber was macht das denn mit dem Kind, wenn du immer und immer wieder zusammen mit dem Namen diese vermeintliche Negativität mitnennst? Das dementiert sich ja so dermaßen in dem Kopf dieses Kindes, dass ich gar nicht wissen will, was das noch alles für Probleme nach sich zieht.“ (Janis, 0:26:16)
  • Außerdem legt Janis Eltern ans Herz, ihre Kinder bei Gesprächen darüber, welche Hilfe sie benötigen (z.B. Krankenkasse, Pflegedienst etc.) außen vor zu lassen. Wieso? Janis erklärt, dass es für den Selbstwert hinderlich ist, von den eigenen Eltern immer wieder zu hören, wie viel Arbeit und Ressourcen man selbst verursacht.

Wie "anders" normal wird

 

Die Entscheidung mit sich selbst einen positiven Weg zu gehen und herausfinden zu wollen, wozu Janis auf der Welt ist, ist nicht alles, womit Janis sich beschäftigt. Janis hat noch eine zweite Vision für sein Leben. Er möchte in einer Welt leben, in der die Merkmale, die uns unterscheiden, nicht zu einer Unterscheidung führen:

 

„Natürlich müssen wir anerkennen, dass wir unterschiedliche Merkmale haben. Ich habe keine Arme und Beine, Du hast Arme und Beine. Ich hab‘ blonde Haare, Du hast dunkle Haare. Und natürlich ist das etwas, das wir anerkennen müssen, aber die Frage ist: Muss das eine Rolle spielen? Und da ist mein Bestreben, in einer Welt leben zu wollen, in der das keine Rolle spielt.“ (Janis, 0:04:15)

 

 

Ich habe Janis gefragt, was wir tun können, um eine Welt zu erschaffen, in der die Wertschätzung für Andersartigkeit normal ist. Eines steht dabei für Janis fest: Die Gesellschaft kann sich nur verändern, wenn jeder Einzelne ein Maß an Eigenverantwortung im gesellschaftlichen Kontext übernimmt. Das bedeutet: Um gesellschaftliche Denkmuster zu lockern, muss jeder individuell an sich arbeiten und seinen Teil beisteuern. Wandel beginnt immer bei Dir selbst!

 

Ein Tipp von Janis: Durch die Begegnung mit anderen und die bewusste Wahrnehmung der Masse verschiedener Eigenschaften auf der Welt können wir unseren Blick für Andersartigkeit schärfen. So können wir vielleicht auch im gesellschaftlichen Rahmen mehr Toleranz und Wertschätzung für Merkmale, die aus der Norm fallen, erreichen. Vielleicht schaffst Du es ja sogar, die Vielfalt in Deinem eigenen Umfeld bewusst zu erhöhen.

 

Ein paar abschließende Worte

 

Wir alle charakterisieren uns durch eine Vielfalt innerer und äußerer Merkmale. Diese machen uns zu dem, was wir sind und sind zuständig für unsere Einzigartigkeit. Das ist etwas GUTES! Jeder Mensch sollte daran arbeiten, solche unterschiedlichen Merkmale anzunehmen und wertzuschätzen, statt sie zum Anlass sozialer Unterscheidung und Ausgrenzung zu nutzen. Aufgrund gesellschaftlich etablierter Vorstellungen von „Normalität“ und des ständigen Vergleichs mit anderen fällt es oft schwer, eigene oder fremde Eigenschaften, die diesem konventionellen Bild nicht entsprechen, zu akzeptieren. Ziel sollte es sein, sich selbst und andere so anzunehmen & zu akzeptieren, wie man ist. Dieser Prozess ist nie abgeschlossen und erfordert eine Menge Selbstreflexion, einen positiven Fokus und Gespräche mit anderen.

 

Ein letzter Tipp von Janis:

 

Besonders eines treibt uns häufig dazu, uns selbst zu kritisieren und an uns zu zweifeln: Der Vergleich mit anderen. So richtig loswerden können wir den leider nie, aber wir können etwas viel Wichtigeres tun: Wir können versuchen herauszufinden, welches persönliche Bedürfnis oder welcher Wunsch diesem Vergleich zugrunde liegt. Mache Dir bewusst, welche Sehnsucht bei Dir getriggert wird, wenn Du Dich mit jemandem vergleichst, und versuche so, Deine Aufmerksamkeit auf den Kern dieses Wunsches zu richten. Die persönlichen Ziele, die sich daraus ergeben, sind ein guter Fokus.

 

Wer sich für Janis' komplette Geschichte interessiert, sollte unbedingt sein Buch "Dein bestes Leben" lesen, auf seinem Blog vorbeischauen und auch die Social Media Kanäle nicht auslassen. Zum Thema Selbstwert und Selbstakzeptanz wird es außerdem im Mai ein weiteres Buch geben.

 

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