#055 Keine Entscheidung IST eine Entscheidung

In der heutigen Podcast-Folge geht es um Nicht-Entscheidungen und die Gründe, die Menschen davon abhalten, sich festzulegen. Was befürchten Menschen, wenn sie eine Entscheidung treffen? Wie kann sich die Fehlerkultur im Unternehmen auf das Entscheidungsverhalten der Mitarbeiter*innen auswirken? Wieso es wichtig ist, nicht jedes Scheitern Fehler zu bewerten und stattdessen mehr Raum zu geben, erfährst du in dieser Episode.

Das Transkript für diese Folge

Arne
In der heutigen Folge geht es um Entscheidungen. Oder vielmehr um nicht-Entscheidungen. Also was sind Ursachen, Hoffnungen und auch Konsequenzen eines Nicht-Entscheidens.

Gergely
Vielleicht kennst du die Situation: ein Mitarbeiter kommt zu dir und fragt, welches Kundenprojekt von den zwei denn wichtiger sei. Und du sagst: beide.

Arne
Oder: Ihr müsstest für eine anstehende Veranstaltung ein Hotel für alle Teilnehmer buchen. Die Kriterien für das Event stehen jedoch noch nicht fest wie z.B.: mit oder ohne Frühstück, welche Preiskategorie, oder wie weit es vom Veranstaltungsort entfernt sein soll. Also lässt du das Hotel noch nicht buchen. Und das Thema bleibt liegen.

Gergely
Oder: Du hast zwei Bewerber, die beide gut auf eine offene Stelle passen. Du willst dich nicht festlegen. Und vertagst die Entscheidung.
Was lässt Menschen in diesen Situationen sich NICHT festlegen?

Arne
Wie ist das bei dir? Was lässt DICH, dich nicht entscheiden?
Ist das vielleicht ein Gedanke? Also etwas, was du mit “Entscheiden” verbindest?
Du kannst dir die Frage stellen, was BEFÜRCHTEST du, wenn du dich entscheiden würdest? Also was befürchtest du könnte passieren, wenn du dich auf einen Weg oder auf dich auf etwas festlegst.

Gergely
Bei vielen ist das so, dass sie befürchten, dass sie einen FEHLER machen.
Wenn wir mit Unternehmen und Teams zusammenarbeiten fragen wir oft “werden bei euch häufig Entscheidungen getroffen? - oder eher lange diskutiert und vertagt?”
Die Antwort auf diese Frage gibt einen HINWEIS - also wirklich Hinweis, es ist keine direkte Kausalität - auf die Fehlerkultur bzw. die Lernkultur in dem Team.

Arne
Ganz konkret: Wie gehen Menschen in dem Unternehmen mit anderen um, wenn diese etwas Neues probiert haben, Zeit und Geld dafür aufgewendet haben, und das hat dann nicht funktioniert?
Feiern sie die Person, dass sie sich getraut hat, was Neues zu machen?
Oder werten sie sie ab, weil es nicht funktioniert hat?
Wie gehst DU damit um, wenn Mitarbeitende von DIR etwas gemacht haben, was nicht funktioniert hat? Freust du dich über den Mut - und leitest du gemeinsam Lernerfahrungen ab? Oder ärgerst du dich darüber, dass die Person Zeit oder Geld investiert hat, vermeintlich ohne Mehrwert?

Gergely
Wie gehst du damit um, wenn DEIN Chef oder Chefin eine Entscheidung getroffen hat, die NICHT zum Ziel geführt hat?
Oder wenn er oder sie sich bald wieder umentscheidet? Wertest du die Person eher ab? Im Sinne von -> “die kriegt ja so viel Geld, da müssen solche Entscheidungen einfach richtig sein?”
bzw: “die ist ja wie ein Fähnchen im Wind, mal so - mal so?”
Oder schätzt du an der Person, dass sie etwas Neues gewagt hat. Und ihr dadurch lernen könnt. Bzw., dass sie Entscheidungen, die nicht zum Ziel führen, schnell korrigiert?

Arne
Je nach dem, wie DU dich in diesen Situationen verhältst, gestaltest DU die Kultur in deinem Team. Das wie DU über Versuche sprichst und DENKST, die Nicht direkt zum Zeil geführt haben, das werden deine Mitarbeitenden mitbekommen.
Was ist die Konsequenz, wenn du diese Versuche stark als “FEHLER” wertest?

Gergely
Schauen wir uns so einen Fall mal konkret an. Mal angenommen einer deiner Mitarbeiter hat festgestellt: wenn man bei dir im Team Neues ausprobiert und das funktioniert nicht, dann bekommt man genervte oder Schadenfräudige Blicke. Oder auch Aussagen.
Wie wird sich diese Person sehr wahrscheinlich beim nächsten mal verhalten, wenn es darum geht, die Verantwortung für eine herausfordernde Aufgabe zu übernehmen?

Arne
Es kann sein, dass sie dann sagt: “Ich habe dafür keine Zeit, ich kenne mich damit nicht aus, der Hans-Werner kann das doch viel besser”
Also die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass immer mehr Mitarbeiter nach Rechtfertigungen suchen und selber nicht verantwortlich sein wollen.
Denn falls Misserfolge als Fehler gewertet werden, dann taucht oft die Frage auf “Wer war Schuld”. Und das möchte keiner sein.Und jetzt kommt der Part, den die meisten Firmen nicht beachten:
Was ist in dieser Kultur das wirksamste Mittel, um NICHT als Schuldiger zu gelten? Wie kriegt man es hin, keine Misserfolge zu haben?
Indem man nichts Neues mehr macht.
Der Weg um nicht schuld zu sein ist: nicht zuständig sein.

Gergely
Du kannst aber Versuche, die nicht direkt zum Ziel führen auch anders werten. Also NICHT als Fehler. Einige denken sich setzt “Wie soll man das denn bitte sonst werten”
Ein Beispiel dafür ist Thomas Edison. Er unternahm fast 9000 Versuche, bis er die Glühlampe zur Marktreife entwickelt hatte. Nach dem 1000. Versuch sprach ein Mitarbeiter vom Scheitern, also von 1000 Fehlern. Edison erwiderte »Ich bin nicht gescheitert. Ich kenne jetzt 1000 Wege, wie man keine Glühlampe baut.«
Einige Menschen haben den Anspruch, dass neue Entwicklungen beim ersten mal funktionierten. Das ist nicht erfüllbar. Dann kann keine Weiterentwicklung stattfinden.

Arne
Kleine Kinder z.B. MÜSSEN die Erfahrung machen, wie Laufen Lernen NICHT Funktioniert. Damit sie lernen können WIE es funktioniert. Nur DIE bewerten ein “auf dem Po landen” statt laufen nicht. Schon mal gar nicht als Fehler. Sie sind gut gepolstert. Viele Kinder lachen dabei. Aber wir Erwachsenen nehmen dann schnell die Bewertung Fehler auf. Und wenn Edison das gemacht hätte, dann hätte er bei dem 3. Versuch gesagt “Päh dann funktioniert das mit der blöden Glühbirne halt nicht mehr. Ich hab keinen Bock auf Scheitern”

Gergely
Wir laden dich dazu ein, das System von “Jemand macht einen Fehler” zu streichen. Denn die Verknüpfung zu Schuld, Ärger und Scham ist sehr stark.
Was kann man stattdessen machen: Eine andere Möglichkeit ist, sich zu fragen: hat es für das gewünschte Ergebnis funktioniert.
Wenn ja: was waren die Erfolgsfaktoren.
Wenn nein: was können wir daraus lernen?

Arne
Das war der Part, was Menschen befürchten, wenn sie Entscheidungen treffen.
Es gibt noch einen zweiten Part: und zwar kannst du dir da die Frage stellen, was erhoffst du dir, wenn du dich nicht entscheidest?
einige erhoffen sich, dass Nicht-Entscheiden keine Konsequenzen hat.
Also du könntest den status quo weiter aufrechterhalten.
Z.B. hast du zwei Bewerber auf eine neue Stelle. Beide könnten gut passen. du hattest auch mit beiden ein Bewerbungsgespräch geführt.
Einige Führungskräfte wollen dann nicht nur eine Nacht sondern eine ganze Woche drüber schlafen. Oder zwei wochen.

Gergely
Und eine NICHT Entscheidung für einen der Kandidaten ist schon eine Entscheidung. Und zwar die Entscheidung von: ich lege mich zwei Wochen lang nicht fest.
Und auch DIESE Entscheidung hat Konsequenzen. Die Konsequenz kann sein, dass einer der Bewerber oder sogar beide Bewerber in der Zwischenzeit eine andere Stelle haben.
Also du hast zwei Wochen VORHER 4 Entscheidungsmöglichkeiten:
Für keinen Bewerber
Für den einen Bewerber
Für den anderen Bewerber
Oder du schaffst eine zweite offene Stelle und entscheidest dich für beide.
D.h. wenn du dich zwei Wochen nicht festlegst, dann entscheidest du dich zwei Wochen lang für KEINEN Bewerber. Und nach zwei Wochen entscheidest du dich für EINEN Bewerber - der halt vielleicht schon eine neue Stelle hat.
Also gibt es keine NICHT-Entscheidung. Es gibt nur (temporäre oder dauerhafte) Entscheidungen GEGEN etwas. Und auch die hat Konsequenzen.

Arne
Wir haben auch in dieser Woche eine Inspirationsaufgabe für dich
Überlege dir, welche Entscheidung schiebst du gerade auf?
Ist es eine Entscheidung über eine klare Priorisierung eines Projektes?
Oder die klare Priorisierung einer Arbeitsaufgabe?
Oder die Entscheidung für oder Gegen einen Bewerber oder Bewerberin?
Oder die Entscheidung, ob ihr verbindlich Anwesenheitstage im Büro einführt?
Oder die Entscheidung für oder gegen eine geplante Reise?
Und erlaube dir, diese Entscheidung bewusst zu treffen.

Gergely
Falls dir der Gedanke oder der Ansatz, aus dem wir die Podcasts zusammenstellen gefällt. Und du Handlungsweisen, Denkansätze oder auch Grenzen, an die du als Führungskraft kommst, hinterfragen und lösen willst, dann schau dir gerne unser RELATE Programm an.
Das ist ein einjähriges Programm für Führungskräfte, in dem DU lernen kannst, wie du Brücken zu Menschen mit konträrer Meinung bauen kannst und deinen Arbeitsalltag so gestalten kannst, dass es für DICH nicht mehr negativ anstrengend, sondern motivierend ist.
Und deine persönlichen Leadership Themen wie z.B. “Ich will mich in Zukunft immer wieder zeitnah entscheiden und meine Entscheidung klar kommunizieren” individuell lösen kannst.
Schau gerne auf unsere Webseite, den Link findest du in der Shownotes.
Wir wünschen dir eine wunderschöne und erfolgreiche Woche, ohne Fehler, mit Lernmöglichkeiten und mit befreienden Entscheidungen.

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