#054 Wie findest du eine neue Stelle?

Diese Folge des Leadership21-Podcasts dreht sich um Bewerbungsgespräche. Darf man als Bewerber*in Bedingungen nennen? Welche Verhaltensweisen von Bewerber*innen wirken wie auf potenzielle Arbeitgeber? Mehr zum Thema hörst du in dieser Episode mit Arne und Gergely.

Das Transkript für diese Folge

Arne
In der heutigen Folge geht es um Bewerbungsgespräche. Und zwar, ob du dir erlaubst, Bedingungen zu nennen, wenn du dich auf eine Stelle bewirbst.
Viele denken, ein Bewerbungsgespräch sei einseitig. Also eine Person bewirbt sich bei einem Unternehmen.
Das ist jedoch nur die halbe Angelegenheit. Denn genau so bewirbt sich auch das Unternehmen bei dem Bewerber oder der Bewerberin.
Mal angenommen, du suchst eine neue Stelle. Und du siehst auf einer Plattform ziemlich genau das, was du gesucht hast.
Was machst du jetzt? Oder:
viel spannender als das, was du machst, ist erst einmal die Frage: in welcher Position siehst du dich bezüglich des Unternehmens?

Gergely
Eine Möglichkeit ist: du siehst dich als Bittsteller.
Bittsteller heißt, du siehst dich eher in einer bittenden, also erstmal unterlegenen Position.
Du bittest um die Stelle, und das Unternehmen entscheidet sich dann entweder für dich. oder in deinen Augen gegen dich.
Menschen, die sich aus dieser Position bewerben, sind meist sehr höflich, sowohl bei den Emails als auch den Telefonaten
Und sie bedanken sich oft: danke für die Email, vielen Dank noch einmal, dass Sie mit mir sprechen, vielen Dank, dass Sie mir zeigen, wo der Raum ist, in dem das Gespräch stattfinden wird.

Arne
Häufig formulieren sie in Konjunktiven, also z.B. “Könnten Sie sich eventuell noch diese Woche bei mir melden? Das wär super.” Menschen, die sich als Bittsteller sehen, nennen häufig ein Wunschgehalt, das zum Teil deutlich unter dem Branchendurchschnitt liegt.
Und sie stellen keine eigenen Bedingungen, also nennen keine Punkte, die Ihnen wichtig in der Zusammenarbeit sind. Also z.B.:
Welche Aufgaben wollen sie bearbeiten?
Was erwarten sie sich von ihrem zukünftigen Chef in der Zusammenarbeit?
Was möchten sie NICHT, wie mit ihnen umgegangen wird?

Gergely
Kennst du dieses Vorgehen? Erkennst du dich vielleicht selber wieder?
Oder du erkennst du Elemente aus Gesprächen, die du mit Bewerbern geführt hast, wieder? Wenn du dich so verhältst, wieso machst du das? bzw. zu welchen Zweck machst du das? Also was willst du damit erreichen? Was soll es bewirken, wenn du dich als unterlegen zeigst?

Arne
Einige Menschen zeigen sich als GANZ nett und ganz hilfsbereit, mit der Hoffnung und der indirekten Botschaft: “bitte sei du auch nett mit mir und gib mir die Stelle.”
Oder sie zeigen sich als sehr zurückhaltend und sehr vorsichtig, um der anderen Person zu zeigen: schau mal, ich bin schon ganz unsicher und vorsichtig, also tu mir nichts. Oder mach bitte nichts, was für mich unangenehm sein könnte.
Jetzt ist die Frage: wie attraktiv ist es für dich, angenommen ein Bewerber würde in dieser Art mit dir reden, diesen für verantwortungsvolle Positionen einzustellen? In denen sie selbstbewusst gegenüber Kunden die Position des Unternehmens vertreten sollen?
Oder in denen sie Souverän das eigene Wissen und die eigenen Meinungen und Ideen einbringen sollen? Wahrscheinlich nicht SO attraktiv.

Gergely
Die meisten Menschen setzen diese Strategie nicht bewusst ein, sondern das sind unbewusste Verhaltensweisen. Was du machen kannst ist, dich selber in solchen Situationen zu beobachten, dir, wenn du diese Verhaltensweisen zeigst, auf die Schliche zu kommen. Und dir dann zu überlegen: FUNKTIONIERT das, was ich gerade mache, für das Ergebnis, das ich erreichen möchte?
Und wenn nicht, dann dein Verhalten umzustellen.

Arne
Die zweite Möglichkeit, wie sich Menschen in Bewerbungsgesprächen zeigen können ist, so leicht von oben herab. Also entweder dominant, oder auch überheblich.
Zeigst du dich manchmal so? Vielleicht auch in anderen Situationen in deinem Leben.
Viele sagen auf diese Frage impulsiv: nein, nie. Das stimmt aber nur in den seltensten Fällen. Also gibt es Bereiche in deinem Leben, in denen du dich so verhältst? z.B. In Projektreviews, in fachlichen Diskussionen?

Gergely
Oder mit deinem Nachbarn? Oder im Straßenverkehr? Wenn sich Menschen dominant oder überheblich zeigen, was ist die positive Intention dahinter? Welches positive Ergebnis erhoffen sie sich dadurch?
Einige machen das, um die eigene Position und die eigene Sichtweise zu unterstreichen.
Also in dem Sinne von: Schau mal, ICH habe recht, und das zeige ich auch durch mein Auftreten.

Arne
Dieses Verhalten kann in einigen Situationen für die Unterstreichung der eigenen Position durchaus funktionieren.
Wenn DU dich in Bewerbungsgesprächen so zeigst, demonstrierst du erstmal wahrscheinlich, dass du kein Thema damit hast, deinen Standpunkt und dein Interesse darzulegen, zu zeigen und zu vertreten.
Und das ist durchaus wichtig, wenn du später die Interessen des Unternehmens vertreten solltest.

Gergely
Die Kehrseite ist: Denkst du, für andere Menschen ist es attraktiv mit dir zusammenzuarbeiten, wenn du dich ihnen gegenüber so verhältst?
Es kann sein, dass dir das in der direkten Teamarbeit mit anderen Menschen im Weg steht, weil sich andere Menschen vielleicht von dir distanzieren.

Arne
Die dritte Möglichkeit, wie sich Menschen in Bewerbungsgesprächen zeigen können ist: auf Augenhöhe. Respektvoll den anderen Menschen gegenüber. UND mit Klarheit und Souveränität über die eigenen Leistungen und über den eigenen Beitrag für Unternehmen. Was heißt das konkret? Also wie kann sich dieses Mindset äußern?

Gergely
Bei mir hatte sich jemand beworben auf eine Stelle, auf der es wichtig war, dass er ganz klar die eigene Position vertritt. Und auch ganz klar sagt, welche Entwicklungsrichtung NICHT funktioniert. Und komplett hinter diesen Vorgaben steht.
Im Bewerbungsgespräch hatte er erstmal überaus hohe Gehaltsvorstellungen.
Und zwar höher, als das was für die Stelle eingeplant war. Hat das dazu geführt, dass wir gesagt hätten: nein, den nehmen wir wegen den hohen Gehaltsvorderungen nicht? Nein.
Dann im Bewerbungsprozess hatten wir Intern noch einige Gespräche wegen der Stelle und anderen Bewerbern.
Und er hat zunächst eine Person von unserem Unternehmen angeschrieben, wie der Bewerbungsstatus jetzt sei. Die hatte gemeint: sorry dauert noch ein bisschen.
Dann hatte er die nächsthöhere Führungskraft mit in CC genommen und nochmal gefragt. Wir haben wieder gemeint, sorry, noch keine finale Aussage.
Dann hat er die HR mit in CC genommen und nochmal auf die Dringlichkeit von seiner Seite hingewiesen.
Jede Email mit absoluter Wertschätzung. Und durchaus selbstbewusst und mutig.
Haben das alle Beteiligten in unserem Unternehmen toll gefunden? Also die Eskalation im Bewerbungsprozess. Nein.
Aber dadurch, dass er stets respektvoll geblieben ist und einfach gepusht hat, hat mich das sehr beeindruckt. Und wir haben uns für ihn entschieden.
Und das heißt jetzt nicht: mach’s genauso. In DER Kombination aber hat’s für den Bewerber und uns als Unternehmen funktioniert. Also steh gerne zu dem, was dir wichtig ist. In einer Respektvollen Art anderen Menschen gegenüber.

Arne
Wenn DU dich in Bewerbungsprozessen unsicher fühlst, mach dir bewusst: Was bringst DU schon an Vorerfahrung mit? Wissen oder Eigenschaften, die andere nicht haben?
Wenn DU dort tatsächlich anfängst: du bringst mit deiner Arbeit einen finanziellen Mehrwert für das Unternehmen. Also das Unternehmen verdient Geld mit deiner Arbeitsleistung.
Und: die Menschen im Unternehmen haben Interesse an DIR. Ansonsten hätten sie dich nicht eingeladen.
Du kannst dein Können und deine Interessen durchaus souverän präsentieren.

Gergely
Von daher die Inspirationsaufgabe aus diesem Podcast:
Egal ob du dich im Bewerbungsprozess befindest oder nicht:
überlege dir: Was sind für dich wichtige Bedingungen oder Randbedingungen für eine Arbeit und Arbeitsweise, in der du aufblühen kannst?
Welche Aufgaben würdest du konkret bearbeiten? Welche Rolle hättest du?
Welche Art der Zusammenarbeit mit deinem Chef ist dir wichtig?
Welche Art der Zusammenarbeit mit deinem Team ist dir wichtig?
Gibt es bestimmte Werte, die für dich besonders im Fokus sind? Wie z.B. entweder viel Eigeninitiative? Oder hohe Arbeitssorgfalt? Integrität? Und was davon bringst du mit? Und was erwartest du von anderen?

Arne
Und diese Bedingungen kannst du sowohl im Bewerbungsgespräch, aber auch auf deiner jetzigen Stelle äußern. Und Bedingungen heißt nicht: wenn ich das nicht kriege, dann kündige ich sofort. Zumindest heißt es das in den seltensten Fällen.
Sondern, so wie “Vertragsbedingungen” ist das eine Baseline für ein gemeinsames Gespräch mit deinem Umfeld. Und du kannst die anderen Menschen ebenfalls fragen, welche Randbedingungen ihnen wichtig sind. Und dann könnt ihr darüber sprechen und das für euch finden, was für beide Seiten für gemeinsamen Erfolg und für eine schöne Zeit MITEINANDER funktioniert.
Wir wünschen dir viel Freude und Mut, diese Punkte zu kommunizieren.
Und vielleicht bist du dir darüber unsicher, diese Punkte zu nennen.
Aber Mut heißt nicht, keine Angst zu haben, sondern Mut heißt, etwas MIT Angst zu tun.
Und genau dazu laden wir dich ein, das zu tun.

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