#048 Sagst du die Wahrheit?

In dieser Folge des Leadership21-Podcasts geht es um das Thema "Wahrheit sagen“. Wenn für dich in einer Situation etwas nicht funktioniert: Wie gehst du damit um? Wie reagierst du? Bist du enttäuscht oder sauer? Bleibst du neutral und sagst, wie du es dir wünscht? Wenn es dir schwerfällt, die Wahrheit zu sagen, hör in diese Episode mit Gergely und Arne.

Das Transkript für diese Folge

Arne
In der heutigen Folge geht es um “Wahrheit sagen”.
Und zwar: Wie gehst du mit Situationen um, wenn du dir denkst: für mich funktioniert etwas nicht? Sagst du das offen oder versuchst du eher nett zu sein oder nett zu erscheinen?

Gergely
Also nehmen wir mal folgende Situation: Du möchtest deinem oberen Management den Status der Produktentwicklung in deinem Team darstellen. Dafür bittest du einzelne Mitarbeitende, jeweils eine ppt. Folie zu ihrem jeweiligen Fachthema zusammenzustellen.
Dann hast du das vorab Review-Meeting mit deinem Team zu den einzelnen Statuspräsentationen und du denkst dir:
In der einen Folie passt die Rechtschreibung nicht.
Ein anderer Mitarbeitender hat eine alte Datengrundlage von vor 2 Wochen genommen, aber nicht die aktuelle.
Ein anderer hat Bilder in einer niedrigen pixeligen Auflösung eingefügt.
Ein anderer hat ein Berechnungsmodell angewendet, das etwas ungenauere Ergebnisse liefert.
Und die übrigen Folien findest du gut.

Arne
Welche Gedanken und Gefühle hast du in dieser Situation?
Einige Chefs sind enttäuscht.
Einige Chefs werden sauer und beklagen sich darüber “dass es nicht sein kann, dass die Qualität schon wieder so schlecht ist”.
Einige haben gar kein Gefühl dazu und sagen: Martina, bitte passe die Folie 5 mit den Daten von dieser Woche an. Michael, überarbeite bitte die Folie bzgl. Rechtschreibung und schick mir die überarbeiteten Folien bis heute 18:00 Uhr zu.
Einige sind ebenfalls sauer, bedanken sich für die Arbeit und passen selber die Folien in einer Spätabendsession an.

Gergely
Erkennst du dich bei einem Punkt wieder?
Also SAGST DU DIE WAHRHEIT?
Sagst du, dass die einzelne Arbeitsergebnisse nicht passen?
Oder versuchst du eher nett zu sein?

Arne
Einige Menschen sagen NICHT, was für sie nicht funktioniert.Ganz häufig ist das im Restaurant. Du bekommst dein Essen, probierst und denkst dir “naja ist schon ok, aber ist echt nicht gut.” Vielleicht unterhältst du dich mit anderen am Tisch ebenfalls darüber, und die sagen ebenfalls, dass das Essen in diesem Lokal ihnen nicht schmeckt.
Dann kommt der Kellner und fragt: Hat es ihnen geschmeckt?
Was sagst du da?
Sagst du ja, war gut?
Sagst du nein, war nicht gut?
Versuchst du, dich aus der Situation zu ziehen und murmelst etwas oder redest mit deinem Tischnachbarn weiter und tust so, als hättest du die Frage nicht gehört?

Gergely
Gehen wir die Situationen mal durch.
Wenn du sagst, ja war gut: In welcher Intention tust du das? Was möchtest du damit erreichen?
Einige machen das deshalb, weil sie selber gut dastehen wollen.
Frei nach dem Motto “Ich sage nur positive und nette Sachen und dann sind andere auch nett mit mir.” Ich möchte ja schließlich eine gute Stimmung im Restaurant haben (oder im Job eine gute Stimmung mit dem Team).
Das ist ein Deal. Also Ich bin nett zu dir und sag nichts negatives, also sei du auch nett zu mir und erledige die Aufgaben so, dass es mir gut geht.
Du hast immer dann einen Deal am Laufen, wenn dein Gegenüber nichts davon weiss und und ihr keine explizite Absprache habt, sondern du nur in dieser impliziten Hoffnung lebst, wenn ich nett bin, sind alle anderen auch nett zu mir.

Arne
Dieses Vorgehen hat aber Konsequenzen.
Es kann sein, dass die andere Person gar nicht weiß, dass etwas für dich nicht gepasst hat.
Und wenn sie das nicht weiß, kann sie es beim nächsten mal gar nicht anders machen.
Also wenn das Küchenpersonal im Restaurant nicht weiß, dass dir das Essen nicht geschmeckt hat, dann werden sie wahrscheinlich auch nichts ändern.
Dann können sie sich nicht weiterentwickeln.
Und der Umsatz wird stagnieren oder runtergehen.
Und das ist nicht nett. Das führt zu Stillstand in der Weiterentwicklung.

Gergely
Einige Menschen werden in so einer Situation sauer. Oder unzufrieden. Oder pampig. Oder empört.
Und dazu haben wir eine ungewöhnliche Frage: Wenn das bei dir so ist: Zu welchem Zweck wirst du sauer? Was möchtest du mit sauer – werden erreichen?
Also nicht “warum wirst du sauer” – da sagen die meisten: weil das Essen nicht gut war und ich viel dafür bezahlt hab.
Sondern was ist deine Intention dahinter?
Wozu wirst du sauer?

Arne
Was würdest du sagen?
Einige steigern sich in das sauer-werden Gefühl oder in den Ärger rein, weil sie sich NUR so trauen, die Wahrheit zu sagen.
Und zu sagen, dass etwas für sie nicht funktioniert.
Nur wenn sie sauer sind gestatten sie sich zu sagen: Das essen hat mir nicht geschmeckt.
Wie ist das bei dir? Kennst du das bei dir, dass du dich zuerst in ein Gefühl von Ärger oder Empörung reinsteigern musst, um klar zu sagen, was du willst?
Oder erlaubst du dir respektvoll und klar zu sagen: Das Essen hat mir nicht geschmeckt. Und wenn möglich sag konkret, was es genau war: Für mich war zuviel Salz im Essen/ das Gemüse war für meinen Geschmack zu weich / die Kombination von Hirschfleisch und Apfel hat mir nicht geschmeckt... Dann hat der andere die Möglichkeiten, was umzustellen.
Oder im JBittob: Die Unterlagen passen für mich nicht. Bitte passe Punkt 1, 4 und 6 bis heute 18:00 Uhr an. Und dann sagst du, wie du es haben willst.

Gergely
Eine weitere Möglichkeit in dem Restaurantbeispiel: Du ignorierst die Frage.
Frei nach dem Motto: wenn ich nicht darauf reagiere, denkt vielleicht die andere Person, ich hätte es gar nicht gehört.
Also du willst weder die Unwahrheit von “hat mir gut geschmeckt” sagen, noch willst du sagen “War nicht gut”.
Wenn du dich hier wiedererkennst, dann haben wir eine Frage an dich:

Arne
Kennst du das aus deinem Leben? Also kennst du das, dass du versuchst, dich rauszuhalten, um dich nicht festlegen zu müssen?In der Hoffnung, das Thema löse sich von alleine?
Und im Restaurant: ja das Thema löst sich von alleine. Ist nur nicht so nett dem Restaurantbetreiber gegenüber.
Aber in deinem Job: hast du Themen, die sich durch NICHT-Entscheidung aufstauen?
Dann könntest du dich fragen: Was erhoffe ich mir davon, wenn ich mich nicht festlege?
Oder anders formuliert: Was befürchte ich, wenn ich mich für einen Weg festlege? Und kannst du das, was du befürchtest, durch ein NICHT-festlegen wirklich vermeiden?

Gergely
Kommen wir nochmal auf die Projekt-Statuspräsentation mit deinem Team zurück:
Wenn du nicht sagst, wenn etwas für dich nicht passt, hat das mehrere Konsequenzen:
Entweder die Qualität wird nicht so gut sein.
Oder: du musst es selber machen.
Und beide Optionen führen dazu, dass dein Team sich nicht weiterentwickeln kann. Und ihr werdet sogar vermutlich eine latent nicht ganz so gute Stimmung im Team haben: weil du dir irgendwann denkst: ah ja klar, das ist der Karl-Heinz, der hat beim letzten mal schon so viele Fehler in die Präsentation eingebaut. Gleichzeitig wird Karl-Heinz merken: irgendwie ist so eine leicht komische Stimmung zwischen meinem Chef und mir.
Und das ist ungünstig für euch beide.
Der zweite Punkt: wenn du Ärger aufbaust, um Sachen, die für dich nicht funktionieren, ist das ebenfalls ungünstig. Sowohl für dich, weil, du dafür deine Stimmung veränderst. Du bist dann derjenige, der mit negativen Gefühlen rumläuft. Als auch für dein Team. Denn damit förderst du eine Kultur von Distanz.

Arne
Wenn du in deinem Team eine Performance-Kultur fördern möchtest, müsstest du dir zwei Sachen gestatten.
Erstens: menschlich auf Augenhöhe zu sein. Respektvoll. Empathisch.

Gergely
Und zweitens: Klar. Also klar sagen, was für dich funktioniert. Klar sagen, was für dich nicht funktioniert. Und zwar ohne, dass du dich dafür vorher in Ärger reinsteigern musst.

Arne
Was kannst du in den nächsten 7 Tagen machen.
Wenn etwas für dich NICHT funktioniert, kannst du das ebenfalls ansprechen und sagen wie du es gerne hättest.
Du hast meinen Namen aus der Präsentation gelöscht, bitte nimm ihn wieder mit auf. Ich habe auch eine Teil dazu beigetragen.
Das Foto in der Präsentation passt für mich nicht, bitte tausche es aus durch eines in höherer Auflösung.
Und wenn in der Zusammenarbeit mit anderen Menschen etwas für dich gut funktioniert, kannst du dich dafür bedanken.
Danke, dass du die Ergebnisse so übersichtlich dargestellt hast.
Danke, dass ich die Möglichkeit habe, mit dir zusammenzuarbeiten.
Danke, dass du dich um den Produktausfall gekümmert hast.
Wir wünschen dir viel Erfolg und LEICHTIGKEIT dabei.

Jede zweite Woche neue Inspiration für dein Persönlichkeitswachstum!

Du möchtest jede zweite Woche einen neuen Impuls, um dich selbst persönlich weiterzuentwickeln?
Melde dich jetzt für unseren Newsletter an!