#035 "Ich kann nicht nein sagen” (1/2)

Fällt es dir schwer, Nein zu sagen? Dann geht es dir wie vielen Menschen. In dieser Folge des Leadership21-Podcasts geht es genau um dieses Thema. Gergely und Arne sprechen über die Gründe, die dahinterstecken können. Welche Vorteile erhoffen sich einige Menschen, wenn sie zu allem Ja sagen? Hör gerne rein.

Das Transkript für diese Folge

Arne
Herzlich willkommen zum Leadership21-Podcast. Hi, Gergely.

Gergely
Hi, Arne. Hallo, zusammen.

Arne
Heute geht es um das Thema: Wieso kann ich eigentlich nicht nein sagen?

Und vielleicht kennst du das von Kollegen oder von dir selbst: Jemand aus deinem Team kommt auf dich zu und fragt 'kannst du mir helfen und die Excel Tabelle für den Kunden ausfüllen?' und du denkst dir eigentlich 'nein' und hörst dich aber schon sagen 'ja klar, gerne'. Oder andere Situation: Dein Chef oder ein anderer Kollege kommt auf dich zu und sagt am Donnerstagnachmittag 'kannst du morgen das Akquise-Projekt übernehmen und den ganzen Tag unterwegs sein?' und du hast den Freitag eigentlich schon andere Aufgaben verplant und weißt, die müsstest du dann am Samstag unbezahlt machen, wenn du jetzt ja sagst, und hörst dich aber schon sagen 'ja klar, gerne, mache ich'.

Gergely
Und einige denken, wenn denen das immer wieder passiert: Ich kann halt nicht nein sagen. Oder sie haben dann eine Frage: Warum kann ich eigentlich nicht nein sagen? Und dieses ich kann nicht nein sagen, stimmt ja nicht, denn wenn du tatsächlich nicht nein sagen könntest, dann könntest du auch die Frage 'warum kann ich nicht nein sagen?' gar nicht stellen. Denn dann könntest du dieses Wort gar nicht aussprechen. Also dann käme nur raus sein: Warum kann ich nicht sagen?

Also es geht nicht ums 'kann', sondern es geht um das 'will'. Also: Warum WILL ich nicht nein sagen? Und wenn du das mal bei dir untersuchst, kann das in verschiedene Richtungen das gehen. Denn einige befürchten etwas, was passieren könnte, wenn sie nein sagen, oder einige hoffen auf etwas, was passieren soll, wenn sie nicht nein sagen. Und diese zwei Punkte möchten wir einmal in diesem Podcast und auch noch im nächsten Podcast behandeln. In diesem Podcast gucken wir uns erstmal den Part an: Was erhoffst du dir davon? Also was erhoffst du dir, wenn du in so einer Situation nicht nein sagst?

Und es gibt ganz unterschiedliche Möglichkeiten. Wir haben für dich mal die drei Hauptmöglichkeiten rausgepickt, die uns in den letzten Jahren als Trainer und Coach begegnet sind. Und ein Punkt ist: Einige Menschen erhoffen sich, nett zu erscheinen, also die wollen irgendwie nett zu anderen Menschen sein. Und wenn das bei dir so ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass du dir – um nicht nein sagen zu müssen – erstmal Randbedingungen aufbaust, damit du gar nicht nein sagen musst, sodass die anderen schon merken, dass du keine Zeit hast. Und das ist der Punkt aus dem letzten Podcast mit dem Thema Stress und Druck. Also: Wie müsstest du dann in deinem Job erscheinen, damit andere gar nicht auf dich zukommen, dich zu fragen, ob du die unterstützen kannst? Naja, du müsstest einfach so krass viel 'gestresst sein' ausstrahlen, dass die anderen gar nicht auf die Idee kommen. Und dann hast du bei dir diese Tür erschaffen 'ach, guck mal, ich muss gar nicht nein sagen, ich tue einfach mega gestresst und dann kommen die anderen gar nicht auf mich zu – also schaut mal, ich hab so viel Druck und Stress, ich kann keine neuen Aufgaben übernehmen'.

Jetzt ist die Frage: Funktioniert das? Und die zweite Frage ist: Ist dieses Vorgehen die einzige Möglichkeit?

Also die Antwort auf die erste Frage: Das, was Arne und ich bisher dazu in Unternehmen beobachtet haben, war ja häufig: Es funktioniert tatsächlich. Diejenigen, die am lautesten sagen 'ich hab unglaublich viel zu tun und ich kann grad gar nicht und es funktioniert gerade überhaupt nicht und lasst mich und boah, es ist grad so viel' werden auch häufig in Ruhe gelassen, also die kriegen dann auch keine neuen Aufgaben.

Nur jetzt ist die Kehrseite der Medaille: Wenn du dich nicht traust, dann musst du halt auch permanent für diesen Druck sorgen.
Und letztendlich führt das dann dazu:
Du unterstützt auch keinen anderen und der zweite Punkt ist, du bist dauerhaft gestresst.

Und jetzt ist die Frage: Ist denn das nett?

Also du möchtest eigentlich nett erscheinen, aber so nett ist es nicht wirklich. Eigentlich manipulierst du damit die anderen, also damit erschaffst du ein Bild von dir, was gar nicht stimmt. Das heißt übrigens Manipulation und das ist nicht wirklich nett und vor allem erschaffst du damit auch keine Klarheit und kein Vertrauen.

Und wir laden dich dazu ein, eine Atmosphäre aufzubauen, wo du auch klar sagst, was du möchtest. Denn damit kannst du überhaupt erst diese Nähe zu anderen Menschen erschaffen. Damit wissen sie, woran sie bei dir sind. Damit merken die: Du bist auch authentisch und du kannst auch sagen, was funktioniert und was nicht funktioniert.

Der zweite Punkt, warum viele nicht Nein sagen, ist, dass sie die Hoffnung haben, dass, wenn ich nicht nein sage, naja, dann sagt der andere auch nicht nein, wenn ich mal mit irgendetwas auf den anderen zugehe.
Und das ist letztendlich ein Deal. Also der Deal ist:
Ich helfe dir. Aber nur dann, wenn du mir auch hilfst. Und letztendlich läuft es häufig zwischen unterschiedlichen Menschen im Unternehmen genau so ab. Also ich helfe dir, aber damit ist es für mich selbstverständlich, dass du mir auch hilfst, wenn ich dich frage – ohne wenn und aber. Und das nennen wir auch Verstrickungen, also unausgesprochene gegenseitige Erwartungen. Das führt zu unglaublich viel Kompliziertheit und ganz viel Anstrengung im Unternehmen.

Und wir laden dich dazu ein, solche Deals nicht zu machen.

Denn du brauchst diese Deals nicht. Mal ganz offen gefragt: Hilfst du anderen Menschen gerne erstmal, wenn es zeitlich bei dir wirklich passt? Und die meisten sagen 'ja, na klar helfe ich gerne'. Und genauso ist es auch für die anderen Menschen, die helfen auch gerne. Menschen sind halt soziale Wesen. Die unterstützen sich gerne gegenseitig, wenn es zeitlich gerade möglich ist und passt.

Und erlaube sowohl dir als auch anderen Personen in deinem Unternehmen diese freie Wahl, also diese freie Wahl, auch mal zu sagen: Okay, gerade funktioniert es nicht. Denn ein Nein heißt ja nicht pauschal nein. Häufig heißt es ja ein 'du, jetzt gehts nicht'. Oder ihr nutzt dann auch die Fähigkeiten voneinander und die Interessen voneinander, falls ihr in so einer Beziehung miteinander seid, dass ihr offen sagt 'ich übernehme gerne die Monatsabrechnung von dir, wenn du die Status-Präsentation von mir übernimmst' – also macht dann quasi so einen Aufgaben-Tausch, sodass beide das machen können, was für sie letztendlich am besten funktioniert. Und damit bringst du auch Klarheit und Leichtigkeit in dein Leben und deine Zusammenarbeit mit anderen.

Arne
Und die dritte Art an Hoffnungen, die Menschen in der Zusammenarbeit im Business haben, ist: Ich habe noch einen Vorgesetzten oder Chef und dann ist meine Hoffnung, ich werde befördert oder ich bekomme eine Gehaltserhöhung, wenn ich ja sage – also wirklich zu allem – und immer alles übernehme und dann auch wirklich immer alles mache. Und das ist zwar auch ein Deal, wenn das nicht explizit geklärt ist mit dem Chef, dass ich da überhaupt befördert werde, aber hier geht es eher um den Aspekt: Das ist auch für den Chef und für dich ungünstig.

Denn der Chef merkt dann ja gar nicht, wie stark du ausgelastet bist, wenn du immer alles annimmst und immer ja sagst und der will nicht jemanden haben, der immer alles macht und dann im Zweifel die Qualität darunter leidet, weil er es nicht deutlich macht, sondern jemanden, der ganz klar sagt, was geht, und der ganz klar sagt, was nicht geht, weil das ist Klarheit – und zwar auf einer lösungssuchenden Art. Und dein Chef – oder wenn du Unternehmer bist – dein Kunde will ja auch zumindest in den meisten Unternehmen und in den meisten Kundenbeziehungen, dass du langfristig vital bist und noch da bist und weiterhin funktionierst und nicht irgendwann vor Erschöpfung niederliegst oder das Unternehmen verlässt, weil du kein Bock mehr darauf hast. Aus meiner Text-Provider-Zeit hab ich ein schönes Beispiel aus einer Kunden-Beziehung: Da haben wir irgendwann die Preise erhöht und da hat auch ein Kunde gefragt: Hier könnt ihr das noch machen für uns? Und wir haben gesagt: Ja, unter anderen Bedingungen, also einem ganz anderen Preis.

Und die Argumentation war, den müsstet ihr auch zahlen, damit wir als Unternehmen in einen paar Monaten und Jahren auch noch da sind. Das haben mein Partner Nils und ich damals so kommuniziert und der Kunde hat auch dementsprechend reagiert und das dann nachvollziehen können. Und er möchte, dass wir noch da sind und er hat diesen Preis dann gerne bezahlt. Und so ist das ja auch mit einem Vorgesetzten. Dein Chef möchte ja auch, dass er dauerhaft mit dir weiter zusammenarbeiten kann. Und dafür braucht er halt die klare Abgrenzung, was geht und was geht nicht.

Und wir hoffen, du konntest hier aus dieser Folge jetzt Erkenntnisse für eine erfolgreiche und erfüllende Zusammenarbeit mit deinem Team oder vielleicht mit deinem Chef oder deinen Kunden ableiten und wir haben jetzt heute über die Hoffnungen gesprochen, die hinterm Ja sagen anstatt Nein sagen stecken können und in der nächsten Folge sprechen wir darüber, welche Befürchtungen hinter dem nicht Nein sagen stecken können und wie du das lösen kannst. Und das behandeln wir im nächsten Podcast, bis dann, ciao!

Gergely
Ciao!

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