#015 Lass gerne mal zu dass jemand dein Misstrauen enttäuscht

Fällt es dir schwer, jemandem zu vertrauen? In dieser Episode sprechen Arne und Gergely über das Thema Vertrauen in der Führung. In den meisten Organisationen und Teams ist Vertrauen leider nicht vorherrschend. Doch was hat es überhaupt mit Vertrauen und Misstrauen auf sich? Und gibt es Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit wir jemandem vertrauen können? Wenn du wissen willst, wie du eine Atmosphäre von Zusammenhalt und Offenheit in deinem Team fördern kannst, dann hör in die 15. Folge des Leadership21-Podcasts.

Das Transkript für diese Folge

Arne
Herzlich Willkommen zur nächsten Ausgabe des Leadership21-Podcasts. Guten Morgen.

Gergely
Hi, Arne.

Arne
So – heute erwische ich dich gar nicht in München, sondern in einer anderen Stadt, wo bist du?

Gergely
Genau. Ich bin in Bremen.

Arne
Wir sprechen heute über Vertrauen. Und in der Führung von Menschen ist Vertrauen offensichtlich ganz wichtig und leider ist Vertrauen gar nicht vorherrschend in den meisten Organisationen, Teams oder Firmen. Und wir wollen das Thema heute mal ein bisschen beleuchten und dann mal genau hinschauen: Was hat es eigentlich mit dem Vertrauen und Misstrauen so auf sich?

Gergely
Genau. Ich hab im Vorfeld gegoogelt: Was ist denn eigentlich die Definition für Vertrauen? Und dann habe ich mehrere Beiträge gefunden, wo drin steht: Naja, Vertrauen ist sowas wie davon auszugehen, dass jemand nichts gegen dich tut.

Und für mich persönlich geht es sogar noch einen Schritt weiter. Für mich ist Vertrauen nicht nur davon auszugehen, dass jemand nichts gegen mich tut, sondern dass jemand nichts gegen mich tun WILL beziehungsweise gegen meine Firma tun WILL. Weil es kann schon sein, dass jemand etwas macht, was für mich ungünstig ist, aber nicht aus einer bösen Absicht heraus. Und auch da kann ich ein Vertrauensverhältnis supergut beibehalten. Also es ist für mich eher so ein Mindset über das, was der andere will und nicht was der andere mehr oder weniger absichtlich tut.

Arne
Wir Menschen haben eben unterschiedliche Absichten und sind in unterschiedlicher Mission unterwegs oder wollen unterschiedliche Dinge und ich kann etwas, was für mich nicht funktioniert, entweder gegen mich wahrnehmen und das unterstellen – das ist dann eben Misstrauen – oder ich kann erstmal Fragen: Sag mal, wozu machst du das? Und wenn ich eine Frage stelle oder erstmal eine positive Absicht unterstelle, dann ist das ein anderes Mindset. Dann gehe ich nicht davon aus, dass das gegen mich. Das ist übrigens auch ein sehr egozentrisches Weltbild – würde ich sagen – oder eine sehr egozentrische Haltung, davon auszugehen, dass andere Leute etwas gegen mich tun. Denn: Wie wichtig bin ich denn eigentlich?

Gergely
Wenn ich frage: Was braucht ihr denn für ein Vertrauensverhältnis? Dann sagen viele Teams: Naja, erstmal braucht man ganz viel Zeit.

Und ist das so? Ist das so, dass wenn Teams lange miteinander zusammenarbeiten oder wenn du als Chef lange mit deinen Mitarbeitenden zusammenarbeitest, dass ihr dann automatisch ein Vertrauensverhältnis aufbaut? Man kann ja 10-20 Jahre mit jemandem zusammenarbeiten und selbst wenn der oder diejenige gar nichts gegen mich gemacht hat, kann ich als Chef weiterhin ein Misstrauens-Mindset aufrechterhalten.

Und genauso andersrum. Also es kann sein, dass ich einen neuen Mitarbeitenden habe und wir von Tag 1 an in einem Vertrauensverhältnis miteinander zusammenarbeiten. Für eine Vertrauensatmosphäre brauchst du keine Zeit. Das ist es nicht. Viele nutzen diese Aussage von 'wir brauchen eine lange Zeit, um ein Vertrauensverhältnis aufzubauen' als Rechtfertigung, um weiterhin zu misstrauen.

Arne
Genau. Und da gibt es natürlich noch ganz viele andere Bedingungen, die andere Menschen anführen, um zu vertrauen. Wir spielen bei uns in der Firma ja USUS – dieses Kartenspiel mit den Fragen – mit ganz vielen anderen Leuten. Und wenn die Frage kommt: Was brauchst du, um anderen zu vertrauen? Dann höre ich da halt Bedingungen, unter anderem irgendwie Zeit oder irgendeine Form von Beweisführung. Und dann habe ich mir die Frage gestellt: Kann ich jemandem anders durch irgendeine Handlung oder durch irgendwie Zeit, die vergeht, überhaupt beweisen, dass ich vertrauenswürdig bin?

Und das geht gar nicht. Wenn der andere mir nicht vertraut, dann vertraut er mir nicht – und wenn der andere mir vertraut, dann vertraut er mir.

Gergely
Und es kann ja sein, dass auch in einem Vertrauensverhältnis irgendjemand irgendetwas macht, was für mich ungünstig war.
Und dann ist es günstig, das offen anzusprechen – also zu sagen: Du hast das und das gemacht und das funktioniert für mich nicht. Oder: Das war für mich ungünstig. Wieso hast du das gemacht? Und das ist deutlich günstiger, so damit umzugehen und tatsächlich machen das überraschend wenige. Also du kannst dir mal überlegen: Wie machst du das denn? Wie machst du es als Führungskraft, wenn wer anderes etwas macht, was für dich nicht günstig war? Gut ist es da, das offen anzusprechen, also zum anderen hinzugehen und auch dann zu gucken: Welche Konsequenz hat das jetzt für dich? Also wie macht ihr das beim nächsten Mal? Wie könnt ihr das beim nächsten Mal verhindern oder anders machen, anstatt dein Vertrauen zu entziehen?

Arne
Genau und du könntest auch mal zulassen, dass jemand dein Misstrauen enttäuscht und nicht nur dein Vertrauen, weil das sind ja beides einfach so Vorannahmen oder Erwartungen. Wenn ich jemandem misstraue oder wenn ich jemandem vertraue, dann erwarte ich ja, dass sich jemand dementsprechend verhält. Und lass ruhig mal zu, dass jemand dein Misstrauen enttäuscht.

Gergely
So, und jetzt ist die Frage: Was kannst du als Chef machen, um eine Vertrauensatmosphäre seitens deiner Mitarbeiter oder im Team insgesamt zu fördern?

Konkretes Beispiel: Mal angenommen einer von deinen Mitarbeitern möchte in circa 6 Monaten das Unternehmen verlassen.
So jetzt ist die Frage: Wie gehst du damit um? Also wie ist dein Mindset dazu?

In einem Misstrauens-Mindset kannst du dir überlegen: Boah, wie kann er oder sie nur? Du hast so viel für ihn oder sie getan, so viele weitere Entwicklungsmöglichkeiten geboten und jetzt verlässt genau dieser eine Experte oder diese eine Expertin das Unternehmen. Und es wäre so wichtig gewesen. Das fördert dein Vertrauensverhältnis zu deinen anderen Mitarbeitern nicht, weil die sehen, wie du damit umgehst oder wie deine Einstellung zu diesem oder dieser Mitarbeitenden ist.

Gleichzeitig kannst du aber auch so damit umgehen, dass du dir denkst: Boah, cool, dass der andere so früh Bescheid gibt, also da hab ich ja jetzt noch Zeit, einen Nachfolger zu suchen. Eigentlich wäre ja die Kündigungsfrist 3 Monate, aber er oder sie gibt mir so früh Bescheid, das ist wirklich total cool. Und damit förderst du die Vertrauens-Atmosphäre zueinander. Dlso das heißt: Durch Vertrauen erzeugst du weiterhin Vertrauen im Team und durch ein Misstrauen erzeugst du zusätzlich Misstrauen im Team.

Arne
Ich habe in meinem ganzen Leben die Erfahrung gemacht, dass mir Leute oder Menschen im Privaten oder auch im Berufsleben relativ schnell vertrauen und dann hab ich so für mich geschlussfolgert: Wahrscheinlich liegt das daran, weil ich den Menschen vertraue – also ich bin noch nie auf die Fresse gefallen oder zumindest, falls das mal so war, kann ich mich nicht erinnern, da hab ich überhaupt nicht den Fokus drauf. Und ich laufe einfach sehr vertrauensvoll durch die Welt, was vielleicht der ein oder andere als naiv empfindet. Und für mich funktioniert das ziemlich gut. Du hast das nochmal präzisiert, was ich als Führungskraft einfach günstiger Weise dafür tun kann, dass mir Menschen oder meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerne vertrauen oder leicht vertrauen.

Gergely
Genau. Es ist wichtig, dass du integer bist als Chef – also wenn du dein Wort für etwas gibst, dass du dein Wort dafür auch hältst.
Ein zweiter Punkt, den du machen kannst, ist, dass du selber auch offen mit deinen Misserfolgen umgehst. Oder wenn du irgendetwas machst, was nicht gut funktioniert hat oder auch was ungünstig für deine Mitarbeiter war, dass du sagst: Leute, sorry, beim letzten Mal habe ich das so und so gemacht. Und du kannst dazu sagen, wieso, aber damit hast du diese menschliche Seite mit dabei und auch diese Offenheit als Chef mit dabei.
Und das Dritte, was du tun kannst, ist, dass du authentisch bist. Authentizität heißt: Das, was du denkst, das sagst du auch. Also einige Geschäfte sind zum Beispiel nicht authentisch, wenn sie versuchen, Mitarbeitende zu motivieren. Also du kriegst ein Arbeitsergebnis und denkst: So toll ist das jetzt nicht. Und die sagen dann: Oh, das ist ja wirklich eine super Arbeit. Echt, das hast du total toll gemacht, wirklich super. Und in dem Moment merkt der andere: Irgendwas ist grad komisch. Und häufig merkt es das ganze Team. Also du kannst mal gucken: Bist du da authentisch? Und der vierte Punkt ist: Offenheit bezüglich der Unternehmensergebnisse. Ich hab mal einen Chef kennengelernt, der gesagt hat: Wir haben jetzt mit unserem Produkt einen Test durchgeführt und das Produkt hat diesen Test nicht bestanden und wenn wir mit diesem Produkt diesen Test nicht bestehen, dann wird unsere Abteilung aufgelöst. Und Leute, lasst uns bitte gucken, wie wir das hinkriegen. Und damit haben die Leute total an einem Strang gezogen, das Produkt so anzupassen, dass dieser Test bestanden wird. Also das war die Offenheit mit dem, wo das Unternehmen gerade steht und nicht vermeintlich die Mitarbeiter vor diesen negativen Informationen zu schützen.

Arne
Und nochmal zusammengefasst oder als Erkenntnis für dich als Take-Away: Du kannst den anderen nicht vertrauend machen und andere können dich auch nicht vertrauend machen. Und du kannst jederzeit wählen, zu vertrauen.

Und Vertrauen und eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen, ist vor allem eine Entscheidung.

Gergely
Und Misstrauen schützt dich nicht vor negativen Ergebnissen. Und mit Vertrauen erschaffst du eine Atmosphäre von Zusammenhalt und Offenheit und von an einem Strang ziehen. Und wie du das willst, das hängt von dir ab.

Arne
Genau. Beides ist eine selbsterfüllende Prophezeiung. Dann hören wir uns in der nächsten Folge wieder, bis dann!

Gergely
Ciao!

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